Friedhof in Wennemen
 
 
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Der Friedhof liegt am Ortsausgang von Wennemen Richtung Meschede nördlich der Landstraße L 743.
Höhe: 285 m ü. NN
Auf einer Grabstelle dieses christlichen Friedhofs findet man einen Gedenkstein mit der Aufschrift Ransenberg Mathilde 1896 – 1942 und Ransenberg Günter 1926 – 1942. Über dem Namen steht ein Davidstern.


Grabstein der Familie Ransenberg

Geschichte

„Wir Zeitzeugen gehen von dannen, zum Schluss bleiben nur die Geschichtsbücher.“ Diese Aussage machte vor Jahren der inzwischen verstorbene Chefredakteur der einzigen in deutscher Sprache in Amerika erscheinenden jüdischen Zeitung „Aufbau“, Henry Marx.

Mit diesem Zitat begann die Wochenzeitschrift des Erzbistums Paderborn, Der Dom“ in ihrer Ausgabe Nummer 20 vom 14. Mai 2000 eine umfassende Schilderung eines Mordes, der sich am 15. April 1942 ereignete: Der aus einer jüdischen Familie in Wennemen stammende damals 16-jährige Günter Ransenberg wurde auf Befehl des SS-Führers Himmler im Bunker der Wewelsburg erhängt, weil er einen Schneeball auf ein „arisches“ Mädchen geworfen hatte.

Auch nach 1938 lebten in Meschede und im Umland noch jüdische Menschen. Ihre Synagoge als Zentrum existierte allerdings nicht mehr. Für den Sterbefall gab es auch keine heilige Gemeinschaft mehr. Unter normalen Umständen wären die Menschen auf dem jüdischen Friedhof in Meschede beigesetzt worden. Aber das ging 1942 nicht mehr.

Günter Ransenberg, ein Sohn der Eheleute Jakob und Mathilde  Ransenberg, wurde mit seinem Vater, dem die Nazis aufgrund der Nürnberger Rassengesetze die Fleischerei in Wennemen versagt hatten, bei einer Tiefbaufirma dienstverpflichtet. Während einer Frühstückspause gingen einige „arische“ Mädchen an der Baustelle vorbei, wo Günter arbeitete. Einige Arbeiter warfen Schneebälle zu den Mädchen, von denen eines die Tochter eines Sturmbannführers gewesen sein soll. Am gelben Stern, den Günter Ransenberg an seiner Kleidung trug, erkannten die Mädchen, dass er Jude war. Die Mädchen meldeten dieses, und noch am gleichen Tage wurde Günter Ransenberg zur Wewelsburg bei Paderborn gebracht und auf Anordnung des obersten SS-Führers, Heinrich Himmler im Bunker des Lagers gehängt. Durch Erhängen starben außer Günter Ransenberg noch fünf Polen und 36 Sowjetbürger, darunter drei Frauen.

14 Tage später, am 29. April 1942, starb Mathilde Ransenberg, 46 Jahre, wie in einer Urkunde lapidar vermerkt ist, an „Herzversagen“. Schwierigkeit bereitete die Beisetzung von Mathilde Ransenberg, da die Beisetzung auf einem jüdischen Friedhof nicht mehr möglich war. Der tapfere Pfarrer von Wennemen, Pastor Scheifers, hat deshalb mit einigen Helfern der Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen und sie auf dem christlichen Friedhof in Wennemen bestattet. Ihr Grab ist ein Sonderfall.

Vater Jakob Ransenberg und die drei jüngsten Kinder wurden in Konzentrationslager gebracht, wo sie umkamen. Die zwei älteren Brüder, Friedel und Rolf, hatten das Glück, nach Amerika zu kommen, wo sie heute noch leben,. Dank der Sorge der Wennemer Bürger, vor allem auch der Hilfe des späteren Bürgermeisters und Wennemers Franz Stahlmecke und der Familie Brendel, die später das Wohnhaus Ransenberg gekauft hat, ist es zu verdanken, dass das Grab heute noch erhalten und gepflegt wird.

Als die beiden überlebenden Söhne, Friedel und Ralf, vor einigen Jahren aus Amerika zu Besuch in ihre Heimat kamen, ließen sie auf der Grabstätte ihrer Mutter einen Gedenkstein anbringen, der neben ihrem und Günters Namen die Lebensdaten trägt, vor allem aber den Davidstern: ein historisches Zeichen auf einem Christlichen Friedhof im Sauerland

Literatur

Der Dom: Wochenzeitschrift des Erzbistums Paderborn, Nr. 20, 14.5.2000
Kaiser-Löffler, Hanneli et al. (Hrsg.) (1997): Jüdische Familien in Meschede. Becker, Arnsberg
Sauerland-Kurier, v. 7.4.2002, S. 14

Stephan Teutenberg